Plötzlich und unerwartet ist eine existenz- und lebensbedrohliche Krise über uns hereingebrochen. Eine Situation, zu der nicht gleich „Schuldige“ an der Krise benannt werden können. Der „unsichtbare“ Gegner und die zunächst einmal unabdingbaren Beschränkungen der individuellen Freiheit führten schnell dahin, dass in der bundesdeutschen Gesellschaft die erkennbare Solidarität zu anderen Mitmenschen, in Teilen der Gesellschaft, deutlich sank.

Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Rechtsradikale, Freiheitsverteidiger, selbsternannte „Hüter“ des Grundgesetzes und viele andere Gruppenteilnehmer demonstrierten und stellten nach außen – wie eine homogene Gruppe wirkend – Forderungen und Vergleiche auf, die teilweise deutlich den Gedankengütern der Jahre 1929 bis 1945 entliehen waren.

Natürlich kann und darf jeder in Deutschland demonstrieren und seine Meinung sagen. Problematisch wird es nur dann, wenn Forderungen für die eine Seite auftreten versus Forderungen einer anderen Seite und am Ende zu deren Schaden, im extrem zum Tode führen. Wer auf das Recht der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG pocht und deswegen auf die Straße geht, hat wohl im zweiten Halbsatz überlesen, dass dies nur möglich ist, wenn dabei nicht die die Rechte anderer verletzt werden. Das heißt auch ganz klar, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit wie in Art. 2 Abs. 2 GG.

Nach derzeitigem Wissen und solange weder wirksame Therapien noch Impfungen zur Verfügung stehen, geht es darum, die weitere Verbreitung zu stoppen. Dies geht nur mit Freiheitsbeschränkungen aufgrund eines Gesetzes wie zum Beispiel mit den aktuellen Quarantäneregelungen und der Maskenpflicht.
Das tückische an dem Virus ist, dass wir auch ohne Symptome zu zeigen, andere infizieren können und auch nach Genesung weiterhin Keimträger sind. Dies scheint genau bei den Demonstranten genauso wie bei all denen, die ihre Maske maximal über den Mund ziehen und ihre Nase prächtig frei lassen, noch nicht angekommen zu sein.
Diese Entweder-Oder-Philosophie, also Freiheit versus körperliche Unversehrtheit, lässt unser Grundgesetz nicht zu. Da geht es einzelnen Politikern und Bürgern auf der Straße mehr um die möglichst schnelle Rekonvaleszenz der leidenden Wirtschaft, statt sich um Randgruppen zu kümmern, die, die ja doch bald sterben werden.

Solche Abwägungen sind mit unserem Grundgesetz nicht möglich. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und verbietet eine monetäre Gleichstellung.

Die Verantwortlichen – vor allem die Kanzlerin und der Bundesgesundheitsminister – haben es sträflich vernachlässigt, die große Masse der deutschen Bevölkerung „mitzunehmen“ bei ihren Erkenntnissen und daraus abgeleiteten Entscheidungen.
Sie haben es versäumt, eindeutig klarzumachen, dass zum Anfang der Krise niemand über das nötige Fachwissen verfügte, um Verläufe der Krankheit, deren Übertragung, Wirkungsweisen etc. vorhersagen zu können.

Die Bürger hätten herangeführt werden sollen, oben genanntes zu verstehen, weil in ihrer Realität und dem bisherigen Verständnis von Expertenwissen so etwas nicht vorkommt.
Dem Erkenntnisgewinn folgend, immer wieder neue Darstellungen und daraus wiederum abgeleitet Verhaltensweisen zu kreieren, ist ein neuer Bestandteil eben dieser „Krise“.

Man hätte eindeutig und rascher klarmachen müssen, wieso es an einem Tag heißt „Masken unnötig“ und drei Tage später „Masken für Jeden“.
Was bis heute fehlt, ist die transparente Darstellung, dass es einerseits im Rahmen der Therapieansätze zu Covid-19 um die Behandlung der akuten Erkrankung geht sowie um das Vermeiden zu sterben und andererseits um die zwingende Behandlung der Nebeneffekte und möglichen Spätfolgen. Letztgenannte Nebeneffekte und Spätfolgen haben durchaus das Potential alle davon betroffene Bürger chronifizieren zu können.

Dieses Ausmaß ist vielen Bürgern nicht bewusst und daher, der wieder bewegte Grippevergleich, völlig unsinnig.

Auch klargeworden sein dürfte, dass es nicht im Bürgerinteresse liegen kann, alles „global going“ zu organisieren, weil die Nichtverfügbarkeit in einer Krisensituation und die dauernde Abhängigkeit, durch bewusst politisch gewollte und der Globalisierung geschuldete Entscheidungen in der Vergangenheit, uns unerträglich unfrei macht.

Bis heute sind nicht ausreichend erforderliche und ordentliche FFP2-Masken, Einmalhandschuhe, Schutzkleidung und ausreichend Desinfektionsmittel in Deutschland vorhanden. Wir sind nicht in der Lage, die systemrelevanten „Heldinnen und Helden“ ordentlich zu schützen, geschweige denn die große Masse der Bürger.

So wurden nach Ende des kalten Krieges die bis dato vorgehaltenen Sanitätsmittellager zur Versorgung der Hilfskrankenhäuser aufgelöst. In Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 wurden Sanitätsmaterialpakete („Basispakete“) an den Spielstätten, die auch Infektionsschutzkomponenten wie z.B. 500 Einmalmasken beinhalten, angelegt. Aktuell werden 16 Pakete in fünf Bundesländern vorgehalten. Diese Menge reicht natürlich vorne und hinten nicht. Darüber hinaus arbeiten Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und private Krankentransportunternehmer gewinnorientiert für Eigner und Aktionäre. Da ist eingelagertes Material totes Kapital.

Auch die Bettenpanik spielte in die „Karten“ derer, die noch immer mehr Betten fordern, anstatt mal ernsthaft das Gesetz zu achten und „Ambulant vor Stationär“ konsequent umzusetzen.
Der Beschluss „Betten pauschal“ bei Freihaltung zu vergüten, ist der Lobbyarbeit geschuldet und eine drastische Verschwendung von Steuermitteln. Viele Krankenhäuser taktieren geschickt, um maximale Finanzmittel an Ausgleichs- und Unterstützungszahlungen im Rahmen von Corona zu erhalten und vermeiden weiterhin elektive Eingriffe. Dies gefährdet und verlängert die Leidensdauer von kranken Bürgern und der Rückstau führt zu einer Bugwelle, die hoffentlich nicht dann aufläuft, wenn die zweite Welle Corona über unser Land zieht.
Gereicht hätte es, das zu vergüten, was wirklich nachvollziehbar und nachgewiesen ausgefallen ist, aber unter Saldierung der gleichzeitig vermiedenen Aufwendungen. Wer an einer solchen Situation auch noch verdienen will, sollte im deutschen Gesundheitswesen nicht geduldet sein. Daseinsfürsorge ist an erster Stelle staatliche Pflicht, dann persönliches Verantwortungsbewusstsein und an keiner Stelle Gewinnoptimierung.

Die Politik muss weiterhin lernen, im Gesundheitswesen viel mehr bürgernahe Kommunikation zu wahren. Eine Kommunikation, die Bürger wirklich informiert und sie dadurch verselbständigt und mitentscheidungs- und mitsprachefähig macht.
Nur der mündige und informierte Bürger verhält sich so, wie wir es dann in der Krise von ihm erwarten.
In diesem Sinne werden wir als DGbV verstärkt weiterarbeiten und versuchen, die politischen „Macher“ zu beeinflussen.

Bleiben Sie gesund!

Berlin, 26.05.2020

Deutsche Gesellschaft für bürgerorientiertes Versorgungsmanagement e.V.

Versorgungsmanagement in Zeiten einer „Krise“ – Eine kritische Betrachtung (PDF)