1. Förderung der Gesundheitskompetenz von Anfang an

Ein Unterrichtsfach „Gesundheitskunde“ müsste vom ersten Schuljahr an in die Lehrpläne aufgenommen werden, zum Beispiel auch als regelmäßiger Bestandteil des Faches Biologie, wie dies beispielsweise in Baden Württemberg bereits der Fall ist.

Wir werden hierzu, in 2019, exemplarische Unterlagen erarbeiten und interessierten Schulen zur Verfügung stellen.

Wir befinden uns am Beginn des Aufbruchs in das Jahrhundert des Patienten und der Information. Das noch recht junge 21. Jahrhundert sollte zum Jahrhundert des Patienten werden. Während das 19. Jahrhundert klares Wasser brachte, sollte das aktuelle Jahrhundert klare, verständliche Informationen bringen. Eine effiziente Gesundheitsversorgung braucht gut informierte Ärzte und Patienten. Das Gesundheitssystem, welches uns das 20. Jahrhundert hinterlassen hat, erfüllt beide Aspekte nur unzureichend. Viele Ärzte und noch viel mehr Patienten verstehen die verfügbaren medizinischen Daten und Forschungsergebnisse nicht. Sie haben keine Vorstellung darüber, wie sehr sie selber Einfluss auf das Entstehen und den Verlauf einer chronischen Erkrankung nehmen können. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, der Zunahme chronischer Erkrankungen sowie stetig steigender Gesundheitskosten sind neue, sektorübergreifende und effiziente Ansätze im Versorgungsmanagement immer noch unumgänglich. Die Patienten erscheinen für die Leistungserbringer als das Problem der High-Tech-Gesundheitsversorgung: Sie sind ein unwissendes, ängstliches Klientel mit ungesunden Lebensgewohnheiten und wenig Kooperationsbereitschaft. Sie verlangen Medikamente, die von Prominenten im Fernsehen angepriesen werden und die sie dann doch nicht so nehmen, wie verordnet. Sie bestehen auf unnötigen, aber teuren Computer- und Magnetresonanztherapien und werden am Ende dann vielleicht auch noch zu Klägern. Uninformierte Patienten und die Kosten, die sie verursachen, haben inzwischen an vielen Stellen Aufmerksamkeit erweckt.
Die Menschen müssen gesundheitskompetent werden und zwar je früher desto besser. Wir sollten nicht damit warten, über unsere Gesundheit nachzudenken und gesund zu leben, bis wir zum ersten Mal ernstlich erkranken. Eine Schulfach Gesundheit mit dem Erlernen einer Fertigkeit, auf die wir unser ganzes Leben lang zurückgreifen können, wird einen massiven Einfluss auf unser Verhalten haben! Ebenso wie wir als Kinder Lesen und Schreiben lernen, sollten die Kinder auch die Psychologie und die Biologie von Gesundheit erlernen. Frühe Gesundheitskompetenz könnte dann die Grundlage sein, auf der wir als Erwachsene während unseres gesamten Lebens bessere Entscheidungen zu unserem Lebensstil treffen und auch besser mit den Ärzten bei der partizipativen Entscheidungsfindung zusammenarbeiten können.
Hauptziele in einem solchen Unterrichtsfach könnten sein:
• Antworten auf Fragen zu finden, die mit den Funktionen des Körpers, Ernährung, Bewegung, Sport und Wohlbefinden zu tun haben
• Vermittlung, was es bedeutet, wie wichtig es ist und wie viel Spaß es bereitet, gesund zu leben
• Kennenlernen des eigenen Körpers
• Verstärkung des Bewusstseins der Eltern für gesundheitliche Themen und Angebot für eine spezielle Unterstützung
Vgl. Gerd Gigerenzer (Hrsg.), J.A. Muir Gray (Hrsg.): Bessere Ärzte, bessere Patienten, bessere Medizin, 1. Auflage, Februar 2013, Paperback, ISBN: 978-3-941468-82-5

In den folgenden Zitaten wird deutlich, dass es bereits seit mehreren Jahren verschiedenen Unterstützer für diese Forderung gibt.
Zitate:

Kinder bewegen sich immer weniger – im Schnitt nur noch eine Stunde am Tag. Das ist alarmierend, meint Professor Dietrich Grönemeyer. „Schon die Kleinsten haben Koordinationsprobleme und Haltungsschäden. Die ersten Bandscheibenvorfälle treten bereits bei Schulkindern auf. Das darf nicht sein“, mahnt Grönemeyer in einem Interview mit dem AOK-Mediendienst. „Deshalb auch meine Forderung nach Gesundheitsunterricht an den Schulen und mindestens einer Stunde Schulsport täglich.“ Stress, ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung sieht Grönemeyer als gesellschaftliches Problem. Die Eltern sollten ihre Vorbildfunktion in den Bereichen Bewegung und Ernährung ernst nehmen und mit den Kindern Sport treiben. Gleichzeitig nimmt Grönemeyer die Schulen in die Pflicht: „Wenn man bedenkt, dass die Schule eine Vorbereitung auf das spätere Leben ist, ist das Thema Gesundheitsunterricht unglaublich wichtig. Gerade durch eine bessere und vor allem frühere Aufklärung ließe sich eine Menge Krankheiten vermeiden.“ Grönemeyer weist auf die Milliarden von Behandlungskosten hin, die durch diese Vorsorge eingespart werden könnten: „So könnten wir jeden Unterricht und jede Vorsorge finanzieren, ohne dass in anderen Fächern gespart werden müsste. (Prof. Dietrich Grönemeyer, 2007)

Die Ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hätte das Thema Ernährung gerne zum Unterrichtsfach gemacht. Ernährung und Gesunderhaltung müssten in einer älter werdenden Gesellschaft unbedingt in den Schulen gelehrt werden, sagte Schmidt im Mai 2007 im ZDF-«Morgenmagazin». (Ulla Schmidt im ZDF Morgenmagazin, Mai 2007)

Erfurt (28.05.2013) Anlässlich des 116. Deutschen Ärztetages sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Frank-Ulrich Montgomery, in einem Interview bei MDR info: „Das Problem der Fettleibigkeit und des Diabetes bei Kindern wird immer größer. Die Ärzte allein können dieses Problem nicht lösen.“ Die Barmer GEK stimmt dem zu und fordert das Schulfach Gesundheit. Dieses Problem haben auch die gesetzlichen Krankenkassen erkannt. Deshalb fordert der Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Thüringen, Hermann Schmitt, auch ein Umdenken in der Schulpolitik. „In unseren Schulen wird viel zu wenig auf die Ernährung Schulen geachtet. Ab und zu eine Aufklärungsstunde reicht nicht aus, um ein Bewusstsein für gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung zu schaffen. Was wir brauchen ist ein Schulfach Gesundheit, und eine regelmäßige Aufnahme in den Stundenplan“, so Schmitt. Neben der Schulsozialarbeit muss auch das Thema Gesundheit einen festen Platz an den Thüringer Bildungseinrichtungen bekommen. „Wir müssen bereits in der Grundschule beginnen, den Kindern klar zu machen, dass z.B. Rauchen die Gesundheit massiv gefährdend und wie wichtig ausreichende Bewegung ist“, so Schmitt weiter. Hermann Schmitt bietet den Ministern Taubert und Matschie die Unterstützung von Deutschlands größter Krankenkasse und seinen Experten an, damit das Schulfach Gesundheit in den Lehrplänen für 2014/2015 aufgenommen werden kann.

Kinder und Gefühle: „Lebenskompetenz“ als Schulfach Der Berliner Psychologe Professor Gerd Gigerenzer meinte 2013 in einem „Spiegel“-Interview sogar: „Wir sollten jungen Menschen in der Schule beibringen, wie wir alle funktionieren. Heute lernen Kinder viel über Technik. Aber in allen Dingen, die unsere Psychologie berühren, haben sie einen blinden Flecken.“ (Prof. Gigerenzer, Spiegel Interview 2013)