Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für bürgerorientiertes Versorgungsmanagement, DGbV e. V.
Berlin, Mittwoch, 21. Dezember 2022

Die DGbV bezieht Stellung zum Vorstoß von Prof. Karl Lauterbach bezogen auf die Einrichtung von sog. Gesundheitskiosken

Der „Kiosk um die Ecke“ für den kleinen Einkauf ohne viel Aufwand, Fahrkosten oder Anfahrtszeit – nach dem finnischen Vorbild des „Terveyskioski“ wurden 2017 in Hamburg Billstedt, aber später auch in sozial benachteiligten Stadtteilen in Köln und Aachen Gesundheitskioske eröffnet. Gesundheitskioske ermöglichen Menschen einen barrierefreien Zugang zur medizinischen Versorgung. Die niedrigschwellige Beratung führt zum einfachen Zugang besonders vulnerabler Gruppen zu Gesundheitsleistungen. Die Hürden für diese Menschen bestehen unter anderem in Unwissenheit um das deutsche Gesundheits- und Sozialsystem, Sprachschwierigkeiten oder fehlender Gesundheitskompetenz. Die Erfahrungen von Ärzten in Hamburg Billstedt zeigen, dass Patienten durch den Kontakt in den Gesundheitskiosk profitieren und gesünder werden. Das Konzept des Arzt-Pflege-Tandems wird im Kiosk durch „Community Health Nurses“ vertreten. Die Gesundheitsberater:innen in Billstedt bieten ein vielsprachiges wohnortnahes Angebot. Ziele des Gesundheitskiosk in Hamburg Billstedt sind:

  • den Gesundheitsstatus der Bevölkerung zu verbessern und den Anteil der Chronifizierungen zu verringern
  • die Gesundheitskompetenz sowie Eigenverantwortung der Bevölkerung zu stärken,
  • die Patientenzufriedenheit, -erfahrung sowie -zentrierung zu erhöhen,
  • Fehlinformationen und lange Suchbewegungen nach Erstinformationen zu vermeiden,
  • die Versorgungsdefizite im ambulanten Bereich zu minimieren, vorhandene Ressourcen zielorientiert einzusetzen und
  • die wohnortnahe Versorgung zu stärken.

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Nach den Erfahrungen in Billstedt empfiehlt der Innovationsausschuss bei Gemeinsamen Bundesausschuss die Überführung des Modells in die Regelversorgung. Die Ampelkoalition ist gewillt dies im geplanten Reformgesetzen umzusetzen.

Widerstand dagegen regt sich weiter bei den Ersatzkassen, die aus der Finanzierung ausgestiegen sind. Sie sehen einen Großteil der Aufgaben des Gesundheitskiosk in der öffentlichen Daseinsvorsorge sieht und somit in der finanziellen Verantwortung von Kommunen.

Auf eine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag antwortete die Bundesregierung im November 2022: „Die Eckpunkte formulieren das Ziel, dass perspektivisch in etwa pro 80.000 Einwohnerinnen und Einwohner ein Kiosk errichtet wird, also bundesweit insgesamt 1.000 Kioske. Je nach Bedarf kann es in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt auch mehrere Gesundheitskioske geben. Die tatsächliche Entwicklung wird auch vom Engagement der Kommunen abhängen.“

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Aus Sicht der DGbV ist der bedarfsgerechte Aufbau von Gesundheitskiosken ein niederschwelliges wohnortnahes Angebot zur Gesundheitsberatung absolut zu begrüßen und in seiner Aufgabenstellung zur Förderung und Unterstützung der Gesundheitskompetenz vulnerabler Gruppen dringend notwendig. Bereits bestehende Benachteiligungen aufgrund der sozialen Herkunft oder des Wohnortes müssen durch adäquate Angebote, finanziert von Kommunen und Krankenkassen, gemildert werden.

Wichtig ist aus Sicht der DGbV, dass die jeweilige kommunale Situation berücksichtigt wird und es keine Blaupause für jede Stadt und jeden Landkreis sein kann. Die notwendigen Strukturen sind immer den lokalen Gegebenheiten anzupassen. Auch ein Gesundheitskiosk benötigt ein Gesundheitsnetzwerk, welches es vielfach noch aufzubauen gilt. Die reine Mittelfreigabe, so denn erfolgt, darf nicht über die noch zu tätigenden Aufgaben hinwegtäuschen!

Es ist zu begrüßen, wenn Bürger:innen mit diesen Unterstützungsangeboten Zugang zu Gesundheitsleistungen und Wissen erhalten, um ein gesünderes und erfüllteres Leben zu führen.

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Die entsprechende Pressemeldung vom Bundesgesundheitsministerium finden Sie hier:

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/regierung-plant-gesundheitskioske-deutschlandweit-lauterbach-praesentiert-eckpunkte-fuer-gesetzesinitiative.html

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Gerne stehen wir hierzu zum Dialog zur Verfügung.

Das Präsidium sowie die Pressegruppe des DGbV